The Rules of Engagement

Film und Politik

Wie schon vor ein paar Tagen geschrieben wurde, besteht die Berlinale nicht nur aus Filmen, sondern auch aus Gesprächen mit Experten und Filmschaffenden. Bei der Veranstaltung „The Rules of Engagement” des Berlinale Talent Campus, standen der schwedische Autor Henning Mankell, der brasilianische Regisseur José Padilha und die neuseeländische Schauspielerin Kerry Fox Rede und Antwort. Zentraler Aspekt der Veranstaltung war die Frage, wie sehr sich Filmschaffende mit ihren Werken in Themen wie Politik und Gesellschaft engagieren können.

Kerry Fox, die ihren internationalen Durchbruch 1990 mit dem Film AN ANGEL AT MY TABLE (Regie: Jane Campion) hatte, war bereits mit INTIMACY (2001) von Patrice Chéreau und STORM (2009) von Hans-Christian Schmid bei der Berlinale vertreten. Für ihre Rolle in INTIMACY bekam sie den Silbernen Bären als beste Hauptdarstellerin verliehen. Gerade aber STORM behandelt ein brisantes politisches Thema: Fox spielt im Film eine Anklägerin am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag und führt dort einen Prozess gegen einen ehemaligen Befehlshaber der jugoslawischen Volksarmee, der des Mordes an bosnisch-muslimischen Zivilisten beschuldigt wird.

Henning Mankell, der zweite Gast an diesem Tag, ist nicht nur Autor der bekannten und viel verfilmten Wallander-Bücher, sondern auch Drehbuchautor, Theaterregisseur und politischer Aktivist. Er war an Bord der Gaza-Hilfsflotte, engagiert sich besonders in Ländern in Afrika, darunter auch Mozambique, und fördert dort junge Talente.

José Padilha wurde 2008 für seinen Film TROPA DE ELITE mit dem Goldenen Bären geehrte und ist dieses Jahr mit TROPA DE ELITE 2 – O  INIMIGO AGORA É OUTRO auf der Berlinale in der Sektion „Panorama Special“ vertreten. Der Film von 2008 erzählt die Einsätze der Batalhão de Operações Policiais Especiais, einer Spezialeinheit die besonders in den Favels um Rio mit oft ungewöhnlicher Härte gegen die Kriminalität vorgeht.
Padilha hatte ursprünglich Physik studiert und ist nach eigenen Angaben nur durch einen Freund zum Film gekommen, für den er eine Doku über die indigenen Völker im Amazonas drehte. Sein Filmdebüt machte er aber mit dem Film „ÔNIBUS 174“ von 2002, ein auf einer wahren Begebenheit basierender Dokumentarfilm über die Entführung eines Linienbusses in Rio de Janeiro im Jahr 2000. Im Zuge dieses Dokumentarfilms interviewte er mehrere Polizisten und nutzte dann diese Informationen auch für TROPA DE ELITE.

Zwar behandeln TROPA DE ELITE und STORM mit Kerry Fox brisante politische und gesellschaftliche Themen, jedoch hat die Diskussion nicht viel davon profitiert. Einzig Mankell betonte immer wieder die Verantwortung und die Chance der jungen Generation und animierte die jungen Filmemacher vor Ort sich engagieren. Er erzählte in diesem Zusammenhang von einem Moment während einer vorangegangenen Veranstaltung des Talent Campus: Als ein junger Mann aufstand und sich als Regisseur aus Ägypten vorstellte, begannen alle Zuschauer zu klatschen. Für den schwedischen Autor ein bewegender Moment, der ihn in seiner Meinung bestätigte, dass eine andere Welt möglich ist.
Trotz sicherlich richtiger und gut gemeinter künstlerischen Ratschläge (wie z.B. „stick to your vision“), verpasst die gut zusammengesetzte Runde die Chance ein aktuelles Themengebiet zu diskutieren. Das durchaus interessante Gespräch befasste sich nicht tiefer mit den Möglichkeiten des Films und der Filmemachern sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren, mögliche Missstände anzuprangern und damit ein klares Statement abzugeben. Schade, dass das gerade bei einer Berlinale passiert, die dieses Jahr außergewöhnlich politisch ist. Das zeigte sich schon zu Beginn des Festivals, als Jury-Mitglied Jafar Panahi aus dem Iran nicht ausreisen durfte und die Solidaritätsbekundung der Filmschaffenden und der Medien sehr groß war. Es zeigt sich aber auch in den Festivalfilmen wie z.B. THE GREEN WAVE von Ali Samadi Ahadi, der sich mit der Grünen Revolution im Iran befasst. Selbst Hollywoodgrößen wie Kevin Spacey bleiben von der Thematik nicht unberührt. Als er am Abend der Premiere von MARGIN CALL von der Moderatorin gefragt worden ist, wie er Berlin fände, antwortete er, dass er die Stadt zwar toll findet, das was in Ägypten passiert ist, aber viel wichtiger sei.
Darüber hinaus beweisen auch Veranstaltungen wie „Cinema for Peace“, dass Filme und Filmemacher ein wichtiges Werkzeug haben um kritische Themen diskutieren zu können und damit auch gleichzeitig ein großes Publikum erreichen können.