Damn, fuck you

Don Jon's Addiction von Joseph Gordon-Levitt

Das ist meine zweite Kritik live von der Berlinale und ich befinde mich wieder am gleichen Punkt an dem ich gestern war: ich weiß nicht was ich schreiben, wie ich beginnen soll. Ist es wirklich Aufgabe des Kritikers zu bestimmen, ob der Film der breiten Masse gefallen wird? Ich kann diese Frage in Bezug auf DON JON’S ADDICTION mit einem klaren „Jein“ beantworten. Deswegen verzichte ich auch darauf den Plot hier widerzugeben.
Zugegeben, was die Erzählstruktur des Films anbelangt, geht Joseph Gordon-Levitt in seinem Erstlingswerk nicht neue Wege, wie man es „eigentlich“ von einer Independent Filmproduktion erwarten würde und die Sektion „Panorama“ scheint auch der richtige Platz für diesen Film zu sein. Das Schema des Films ist leicht zu erklären: Boy fucks girls, boy meets the „perfect“ girl, boy looses girl, boy meets another girl … and learns his lesson for life. Schaut man noch einmal auf den Titel, ist glaube ich klar worauf ich hinaus will. Doch da wären wir schon beim Problem: muss ein Film immer neue Wege gehen?

Wirft man z.B. einen Blick auf die Filme in denen Hauptdarsteller und Regisseur Joseph Gordon-Levitt mitgewirkt hat, ist es schwer zu glauben, dass er sich auf das Niveau einer hirnlose Komödie herablässt, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat, würde man nur all die „fucks“ und „fuck you“ (verbal und körperlich versteht sich) als zentrale Elemente des Films werten. Die Stärke des Films ist die maßlose Übertreibung, die er an den Tag legt und sich dabei vielleicht auch selbst nicht zu ernst nimmt. Die Figuren des Films sind so überspitzt und strotzen oft nur so vor Klischees, dass sie nicht nur witzig sind, sondern wirklich der Realität entsprungen scheinen. Oder um es einfach zu formulieren: die besten Charaktere „schreibt“ doch das Leben selbst. Die Entwicklung die Jon (Joseph Gordon-Levitt) vom Süchtigen, der eigentlich nicht weiß, dass er süchtig ist, zum Geheilten durchmacht, ist nachvollziehbar, doch nicht immer glaubhaft. Vielleicht weil sie einfältig erscheint. Doch betrachtet man sie aus einer neutralen Perspektive, ist sie gerade wegen dieser Banalität wieder normal und menschlich. Sie erscheint wohl aber auch aus dem Grund unglaubwürdig, weil man Joseph Gordon-Levitt den Internetpornosüchtigen Casanova einfach nicht abnehmen will, bedenkt man seine anderen, ernsten Rollen. Aber das ist – so schätze ich mal – wohl die Hauptaufgabe eines Schauspielers und das Problem, wenn Regisseur und Hauptdarsteller ein und die selbe Person sind. Trotzdem, Scarlett Johansson brilliert in ihrer Rolle als Barbara und als Femme Fatal, als die – ja seien wir ehrlich – sprichwörtliche „Bitch“ und es ist ein Genuss Tony Danza als Johns Vater zu sehen, der seinem Sohn in Sachen Casanovatum in nichts nachsteht.

Gordon-Levitts Film ist ein zaghafter und vielleicht nicht immer gelungener Versuch ein zentrales Problem unsere Gesellschaft zu beleuchten: die Tatsache, dass im Angebot der Medien – und gerade im Internet -, so etwas wie echte Gefühle oder gar echte Liebe und Zärtlichkeit in der Masse untergehen zu scheint. Diese Medienkritik wird einem aber nur klar, wenn man den Worten des Regisseurs in der anschließenden Pressekonferenz lauscht, und das ist vielleicht auch das größte Manko an diesem Film. Doch mal ehrlich, müssen Filme immer perfekt sein? Nein, ich denke nicht und ich vermute, dass es wohl in der Natur unserer Tätigkeit als Filmkritikern liegt, dass wir oft mit anderen Erwartungen in den Film gehen, gerade wenn es sich um namhafte Regisseure und Stars handelt wie Joseph Gordon-Levitt und wir diese Namen immer mit einem fehlerlosen Film verbinden.
DON JON’S ADDICTION ist verspielt, eben das Erstlingswerk, dem man schon einmal den ein oder anderen Fehler zugestehen darf und sollte. Vielleicht verkörpert er mit seiner Inperfektion eben auch die Chance, die sich dem Independent Film bietet: ein Film zu sein, der nicht unter dem Druck des Box Office zu leiden hat und einfach mal ein Film sein kann, der Spass machen darf und ehrlich ist. Ja, seien wir ehrlich, das ist die größte Stärke des Films: seine Ehrlichkeit.