In der rasanten ersten halben Stunde des Films übersetzt sich das paradoxe Register der Zeitreiselogik in die Flash-Montage. Wiederholung von Handlungen, leichte Variationen und eine von der alltäglichen Beiläufigkeit resignierte Melancholie.
Joe (Joseph Gordon-Levitt) hat allen Grund dazu. Er ist von seiner Mutter an reisende Bettler verkauft, dann geflohen und schließlich in einen Kreis von Auftragskillern aufgenommen worden, die ausschließlich Kriminelle aus der Zukunft beseitigen und sich die restliche Zeit mit Drogen und Prostituierten vertreiben.
Im Jahr 2044 werden die sogenannten „Looper“ zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort bestellt und erwarten dort mit ihrer Flinte die Ankunft eines Kriminellen. Im Falle von Joe ist es am Rande eines Maisfeldes irgendwo im Mittleren Westen der USA in der Nähe einer Großstadt. Mit einem Tuch über den Kopf und einem Mantel, der die Bezahlung in geprägten Metallbarren eingenäht hat, erscheinen die Männer aus der Zukunft sprichwörtlich aus dem Nichts und werden kurzer Hand abgeknallt. Der humane Müll aus der Zukunft im Jahre 2074 kommt im Anschluss in den gegenwärtigen Hochofen und löst sich in Rauch auf. In der Eröffnungssequenz richtet sich Joe nicht nur direkt an den Zuschauer als ob er aus dem Jenseits zu uns spräche, es wird auch deutlich, dass der Film nicht vor hat uns mit der komplexen Zeitreiselogik „das Hirn zu braten“. Hinter dem Begriff „Looper“ versteckt sich eine vertrackte Regel, die einzuhalten oberste Priorität unter den Erlauchten hat: mitunter kann es bei den Aufträgen dazu kommen, dass einem das eigene Ich aus der Zukunft vor die Flinte kommt. Hier gilt insbesondere die Notwendigkeit zum Mord und der „Loop“ ist geschlossen, the loop is closed. Anschließend wird gefeiert, man wird aus dem Kreise der Looper entlassen und darf den Rest der 30 Jahre einen auf Lebemann machen. Wer den Loop nicht schließt wird verfolgt und getötet. Mit Offenheit der Zukunft hat das also nichts zu tun, sondern in diesen Job finden sich ausschließlich Leute ein, die nicht gerade der Zukunft zugeneigt sind.
Joe begegnet nun seinem 30 Jahre älteren Ego (Bruce Willis). Der überwältigt den jüngeren Joe und flieht. Ein „Was-wäre-wenn-Szenario“ im Falle der Ermordung des Joes aus der Zukunft flackert in Flash-Frames über die Leinwand und zeigt die Unhintergehbarkeit des „vicious circle“. Wieder sitzt der ältere Joe vor der Flinte des Jüngeren. Der Ältere entkommt und es entspinnt sich ein Katz und Maus Spiel, in der nicht nur die Gangster hinter den beiden Joes her sind, sondern sie sich auch gegenseitig jagen.
Einer der Höhepunkte des Films ist eine Szene, in der sich die beiden Joes im Diner gegenübersitzen, und in der einmal mehr deutlich wird, dass das philosophische Potential dieser Begegnung pragmatisch abgehandelt wird. In reduzierter, ganz auf die beiden Darsteller fokussierten Regiearbeit entspinnt sich hier der Nukleus der nun folgenden zweiten Hälfte des Films. Deutlich entschleunigt findet sich der Film primär in einem Landhaus ein, wo sich der jüngere Joe Unterschlupf bei Sara (Emily Blunt) und ihrem Sohn Cid (Pierce Gagnon) verschafft.
Was sich in der Dramaturgie des Films einfindet ist nun tatsächlich bemerkenswert. Filme, deren Plot sich der Zeitreiselogik bedienen, boten ja schon immer ein Experimentierfeld für ausgefallene und vor allem logisch anspruchsvolle Narrative. Dabei ist es den Sci-Fi-Filmen eigen reichlich zu zitieren. So ist denn der junge Joe nicht nur gekleidet wie ein in die fünfziger Jahre transferierter Matrix-Agent, womit ihn auch der wunderbar patriarchal-jovial-fiese Gangsterboss in Morgenmantel (Jeff Daniels) aufzieht, der Film macht Anleihen an den ebenfalls mit Bruce Willis besetzten TWELVE MONKEYS, der selber ja ein Aufguss von LA JETÉE ist, sondern ist mancherorts auch ikonisch an TERMINATOR angelehnt: der dunkle Mann mit der Flinte. In SOURCE CODE von Duncan Jones war das Wiederholungsprinzip zentral, in dem wie Hefeteich aufgebauschten INCEPTION von Christopher Nolan die Verschachtelung von Erzählebenen. Und Joseph Gordon-Levitt hat alle Chancen sich in die Reihe smart-harter Gesichter einzuschreiben, die Keanu Reeves in JOHNNY MNEMONICoder in MATRIX so populär gemacht hat. In Looper ist die erste Hälfte dem klassischen Action- und Science-Fictionkino verhaftet, während die zweite zum familiären Melodrama gerät. Es rücken eher die sozial-psychologischen Konsequenzen der Zeitreise in den Fokus. So wird denn weniger die technische Erfindung der Zeitreise problematisiert, als eher Auswirkungen einer Vernachlässigung von Kindern, deren Aggression ein buchstäblich ungeheures Destruktionspotential freisetzt. AKIRA lässt grüßen.
Der Realismus der High-Glossy Oberschicht macht zunehmend den dreckig-abgewetzten Texturen der Armut und des Ländlichen Platz. Die physisch ausgerichtete Action, bei der trotz futuristischer Waffen in vielen Szenen auf den Nahkampf gesetzt wird, fundiert den Film in einen Realismus des menschlichen Körpers, der altert, vernarbt, dreckig oder blutig ist.
Dennoch blieb mir ein etwas zu abstrakter Geschmack zurück. Trotz der vielen interessanten Wendungen ordnet der Film selbst da die Erzählung in eine kohärente Logik ein, wo das alte Narrativ gerade durchbrochen wurde und bleibt damit zumindest einer Logik des Opfers verhaftet.