Josh (Ben Stiller) und Cornelia (Naomi Watts) sind Mitte Vierzig, kinderlos und kreativ. Sie arbeitet als Produzentin für ihren Vater, einen renommierten Dokumentarfilmer. Josh ist ebenfalls Dokumentarfilmer, arbeitet jedoch seit einem Jahrzehnt an einem ambitionierten Langzeitprojekt über einen amerikanischen Intellektuellen.
Die wichtigen Fragen des Lebens haben sich mehrfach gestellt und wurden ebenso häufig beantwortet. Man hat sich gegen Kinder entschieden, Routine herrscht dennoch im Beziehungsleben. Sollte man doch mal spontan in den Urlaub fahren wollen, dient Joshs Film als dankbare Ausrede.
Eines Tages lernt Josh in einer seiner Vorlesungen an der Volkshochschule ein junges Paar kennen. Der ambitionierte Filmaspirant Jamie (Adam Driver) und die Eismanufakteuse Darby (Amanda Seyfried) scheinen sich für seine Filme so sehr zu begeistern, dass sie ihn und Cornelia prompt zum Essen überreden. Die ungleichen Paare treffen sich daraufhin mehrmals. Während Josh und Cornelia die technologischen Neuerungen eifrig adaptieren, zelebrieren Jamie und Darby Retro in vollen Zügen. Hip-Hop tanzen und der Besuch bei einem Schamanen sind nur einige Stationen, die für die gefühlte Verjüngung der Mittvierziger sorgen.
Dabei vernachlässigen die beiden nicht nur ihre gleichaltrigen Freunde mit Kind (Beastie Boy Adam Horowitz spielt einen frischgebackenen Vater), sie verlieren auch den Bezug zu einander. Während Jamie seine Ideen sofort zu Filmen umsetzt und dabei Josh und Cornelias Beziehungen eigennützig anzapft, verliert Josh den Halt in seiner filmischen und realen Welt. Die Grenzen zwischen Freund und Feind verwischen dabei immer mehr.
War sein letzter Film “Frances Ha” eine gutgeschliffene Slacker-Perle in schwarz weiß, die das Lebensgefühl der Generation Ende Zwanzig in New York einzufangen suchte, so geht “Gefühlt Mitte Zwanzig” einen etwas anderen Weg: Statt auf Charakter setzt er auf Klischée. Das forcierte Happy End zeugt von einer Versöhnlichkeit, die dem Film nicht gut tut.
In einer Gesellschaft, die das ewige Kind zelebriert, ist die Erkenntnis, dass es für manche Entscheidungen irgendwann zu spät ist, durchaus ernüchternd. Gerade diese Ernüchterung umgeht Baumbach. Ob das so eine gute Idee ist, bleibt zu bezweifeln. Allenfalls ist sie eine Zuwendung zum Mainstream.
Die Kauzigkeit des Hipster-Pärchens ist eine aufgesetzte. Vinyl statt Mp3, Schreibmaschine statt MacBook, Brettspiele statt Games aus dem App-Store. Beide Altersgruppen werden bei Baumbach simplifiziert und zugespitzt, sie wirken charakterlich weniger dreidimensional als der depressive “Greenberg” im gleichnamigen Film oder die charismatische Greta Gerwig in “Frances Ha“. Nicht nur Baumbach tendiert zum Massentauglichen, auch Indie-Meister wie Andrew Bujalski entfernen sich mit ihren jüngsten Werken immer mehr von der hinreißend unbeholfenen Trotzigkeit des Slacker-Films hin zu einem erzwungenen und weitaus schwächeren Mainstream-Kino mit Hollywood-Ende.
Zu den Stärken des Films gehört die Reflexion über Dokumentarisches und Fiktion – ein innerhalb der Filmbranche viel diskutiertes Thema. Der Film gewinnt dadurch zwar an Tiefe, was aber durch die aufgesetzten Wendungen der Story wieder ausgehebelt wird.
Die weibliche Besetzung steht dabei im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Naomi Watts und Amanda Seyfried werden von der Bromance zwischen dem unaufhaltsam überzeugenden Adam Driver und dem quengeligen Ben Stiller schlicht überschattet. Damit verschleudert Baumbach viel Potenzial. Statt sich auf die Story zwischen den heterosexuellen, privilegierten, weißen New-Yorkern zu konzentrieren und vielleicht noch nebenbei die Filmbranche zu verreißen, dramatisiert Baumbach unnötig. Was zurückbleibt ist die Hoffnung, dass sein nächster Film “Mistress America” weniger schematisch und klischéebeladen sein möge.
Dieser Artikel erschien ebenfalls auf berliner-filmfestivals.